Jahrestätigkeitsbericht 2019
UGANDA, „THE PEARL OF AFRICA“ VIELE PROBLEME WERDEN HIER ERST BEI GENAUEREM HINSEHEN DEUTLICH!
Das Jahr 2019 war von organisatorischen und logistischen Aufgaben geprägt! Unser erster Fahrzeugimport des Mercedes Vito aus dem Vorjahr hat uns noch lange beschäftigt! Er hat uns das volle Ausmaß der allgegenwärtigen Korruption, in den beteiligten Ländern nur allzu deutlich spüren lassen! Wir haben gelernt, dass man mit europäischen Maßstäben hier überhaupt nicht weiter kommt und wenn man nicht komplett ausgebeutet werden will doch weitaus härter auftreten muss als wir es gewohnt sind! Sowohl der Unfall des Honda CRV 10/05 zum Jahresbeginn, wie auch das Fehlen eines Einsatzfahrzeugs für unseren ugandischen Ausbildungsarzt machten Neubeschaffungen zwingend erforderlich! Das Fehlen von, auf die Einsatzerfordernisse abgestimmten, funktionierenden Fahrzeugen, ist eines der größten Probleme in der Logistik des Gesundheitssystems dieser Länder!
FAHRZEUG- UND ERSATZTEILBESCHAFFUNG WEITERHIN PROBLEMATISCH
Es schein immer noch problematisch zu sein, zu verstehen, welche Erfordernisse uns in afrikanischen Ländern erwarten! Wenn man bedenkt, dass man in Deutschland, für die Gebrauchtbeschaffung eines voll ausgerüsteten Rettungswagens normalerweise etwa 65.000 Euro veranschlagt und die Neubeschaffung etwa bei 180.000 Euro liegt, dann wird deutlich, dass wir trotz aller Hindernisse und Steuern, immer noch sehr wirtschaftlich gehandelt haben! Auf der einen Seite ist es deutlich billiger und schneller lokal Gebrauchtfahrzeuge zu beschaffen und in Uganda auszubauen. Auf der anderen Seite stecken die Gebrauchtfahrzeuge in Uganda auch für gut qualifizierte Techniker voller Überraschungen! Nur zu oft wurde jahrelang kein Cent in die Fahrzeuge investiert und es gibt einen mächtigen Reparaturstau! Letztlich ist also jede Kaufentscheidung sorgfältig abzuwägen! Leider sind die Leistungen und Kenntnisse der meisten Mechaniker in Uganda mehr als nur sehr bescheiden! So muss doch immer wieder viel Zeit in die Werkstattbesuche investiert werden! Oft wird eine Reparaturinstandsetzung zu einer unendlichen Geschichte. Dennoch sind die Kosten nicht einmal bei der Hälfte der Importkosten! Viele Probleme entstehe nur, weil nicht sauber gearbeitet wird!
Man muss sehr aufpassen, dass die gelieferten gebrauchten Ersatzteile nicht schlechter im Zustand sind, als die alten Teile, die man gerade ausgebaut hat! Erwirbt man Neuteile, so sind es meist täuschend echt anmutende China- oder Korea Duplikate von geringer Lebensdauer! Also auch keine erfolgversprechende Alternative! Wir versuchen, uns auf vier Fahrzeugmodelle zu beschränken um ein paar Ersatzteilvorräte aufbauen zu können! Da KFZ Ersatzteile schwer sind, ist die Mitnahme aus Deutschland im Flugzeug eine Variante, die nur für einen kleinen Teil der benötigten Teile in Frage kommt! Leider arbeitet die Mehrzahl der Mechaniker nicht sehr ordentlich und auch nicht sauber, so dass es unerlässlich ist, einen „Wachmann“ mit entsprechenden Kfz Kenntnissen während der gesamten Reparaturzeit neben das Fahrzeug zu stellen, der schlimmeres verhindern kann! Eine Garantie auf geleistete Arbeit, so wie wir es in Deutschland kennen, gibt es in Uganda leider nicht! Wenn eine erledigte Reparatur am nächsten Tag wieder kaputt geht, so zuckt der Mechaniker nur mit den Schultern und sagt „So was passiert halt!“
Dies alles kostet uns viel Zeit und Geld, entbehrt aber leider einer Alternative! Das Ausprobieren von sieben verschiedenen Werkstätten, die in Uganda als „gut“ gelten, hat keine nennenswerten Unterschiede ergeben! Keine davon entsprach unseren Erwartungen! Überdenkt man einmal diese Problematik versteht man es etwas besser, warum in Uganda so viele, eigentlich gute und reparaturwürdige Fahrzeuge, unrepariert ihrem Schicksal überlassen werden! Im kommenden Jahr werden wir versuchen, an unserem neuen Standort nahe Kampala, die Voraussetzungen zu schaffen um einen Teil der erforderlichen Wartungen und Reparaturen in Eigenleistung durch zu führen, um Folgeschäden, durch mangelnde Sachkenntnis zu verringern! Wir erhoffen uns eine deutliche Verringerung der Reparaturkosten, durch diese Maßnahme! Dies wiederum stellt uns vor die Aufgabe, entsprechend professionelles Werkzeug zu beschaffen bzw. einzuführen!
DAS AUSLEIHEN VON MEDIZINISCHER AUSRÜSTUNG ERWEIST SICH ALS EINE EFFIZIENTE STRATEGIE
Die von uns gleich zu Beginn unserer Arbeit, erstmals erprobte Strategie, Rettungsfahrzeuge und Gerätschaften nicht an Krankenhäuser oder Gesundheitsstationen zu spenden, sondern es lediglich mit qualifiziertem Personal an diese auszuleihen und die Wartung und Pflege selbst in der Hand zu behalten, scheint deutlich erfolgreicher zu funktionieren als bisherige Varianten wie zum Beispiel der Spende an eine Klinik oder ein Krankenhaus wie es verschiedene Organisationen praktizieren.
Wir hatten im Herbst Gelegenheit die traurigen Reste verschiedener, in den letzten Jahren aus Europa gespendeter, Rettungsfahrzeuge und Gerätschaften diverser Organisationen zu besichtigen! Nachhaltige Entwicklungshilfe muss anders aussehen! Auch hier wurde es wieder einmal sehr deutlich, wie wichtig es doch ist, Fahrzeuge die in Afrika ihren Dienst versehen sollen, entsprechend den dortigen Erfordernissen zu modifizieren, anzupassen und auch regelmäßig zu warten und zu pflegen! Dies funktioniert augenscheinlich aber ganz und gar nicht wenn es in eigener Regie der lokalen Dienste geschieht!
RETTUNGSFAHRZEUGE MÜSSEN AUCH UNWETTERTAUGLICH SEIN
Es ist eine sehr gute Idee, Rettungsfahrzeuge auch mit hydraulischen Rettungsgerätschaften, wie Spreizern und Trennschleifern auszustatten, die hier im ganzen Land fehlen! Auch wir sind bestrebt diese Dinge so weit wie es die Beladeressourcen zulassen, mit auf allen unseren Fahrzeugen zu verladen! Es ist aber auch sehr schade, wenn Einsatzfahrzeug den Unfallort wegen fehlender Schlechtwegeausstattung und ungeeigneter Bereifung dann doch nicht erreichen können! Auch dies sollte man bei der Vorbereitung bedenken! Auch die Variante einiger Krankenhäuser, ihre Fahrzeuge nicht bei Nacht oder bei starkem Regen zu Notfällen und Unfällen zu schicken, halten wir für keine gute Idee! Unsere Fahrzeuge fahren immer, auch bei Demonstrationen, Konflikten, oder Pandemien! Wir versuchen, ausschließlich Allradfahrzeuge zu verwenden, wir entfernen sofort nach dem Eintreffen der Fahrzeuge in Uganda die europäische Straßenbereifung und tauschen sie gegen größere Geländebereifungen, mit All-Terrain oder Mud-Terrain Profilen. Die Fahrzeuge werden je nach Bauart zwischen 12 und 40 cm höher gelegt, mit Sperrdifferentialen, Rundumrammschutz, Zusatzluftfilter und Zusatzscheinwerfern ausgerüstet! So können unsere Fahrzeuge den Notfallort zu jeder Tages- oder Nachtzeit und bei jedem Wetter, auch bei Unwetterlagen erreichen! Vielfach dienen unsere Fahrzeuge auch als Innovation und Anregung, die eigenen Fahrzeuge nach diesem Vorbild aus zu statten, oder umzurüsten! So ausgestattet erreichen unsere Fahrzeuge den Notfallort auch bei Starkregen, Dunkelheit, oder Überschwemmungen. Alle unsere Land Cruiser Notarztwagen sind für Wasserdurchquerungen von bis zu einem Meter Tiefe ausgestattet und können auch, in von der Versorgung abgeschnittene Gebieten nach Unwetterlagen vordringen!
So konnte im November nach einem Unwetterregen eines unserer Einsatzfahrzeuge einen Lastwagen mit 69 Menschen, der in mitten eines reißenden Flusslaufes einen Motorschaden erlitt, aus den über 1 Meter tiefen, sehr schnell fließenden Wasser bergen und alle Reisenden sicher ans Ufer bringen! Ein unterkühltes Baby wurde anschließend notärztlich versorgt. Alle anderen Passagiere waren wohl auf und konnten ihren Weg fortsetzen! Es waren zwei Einsatzfahrzeuge des Standortes Kampala beteiligt! Bisher hält Uganda keine Spezialfahrzeuge vor, die für solche Bergungen ausgestattet sind!
DIE FAHRZEUGAUSSTATTUNG MUSS PASSEN
Es ist uns in diesem Jahr endlich gelungen, nun alle Fahrzeuge mit zwei bis drei Feuerlöschern für den Erstangriff und zur Menschenrettung auszurüsten. Im kommenden Jahr wollen wir auch die Notarztwagen und Rettungswagen mit einem Komplettsatz von hydraulischen Rettungsgeräten, Generatoren, Vakuum-Matratzen und Trennschleifern ausrüsten und nicht nur die Feuerwehrfahrzeuge. Wir halten nun etwa dreihundert Medikamente in ausreichender Zahl auf den Fahrzeugen vorrätig und haben alle medizinischen Geräte zumindest zweifach an Bord. So können in der Zielklinik nicht vorhandene Geräte auch einmal bei dem Patienten verbleiben so lange dies medizinisch erforderlich ist. Wir haben Patientenmedikationsboxen an Bord, die mit der Akutmedikation für den transportierten Patienten, für die nächsten drei Tage bestückt wird und beim Patienten verbleibt. Da wir festgestellt haben, dass oft die erforderlichen Medikamente nicht verfügbar, oder erst nach Tagen zu bekommen sind. Manchmal ist auch einfach nur kein Geld dafür vorhanden. Den Kauf von Notfallmedikamenten kann man aber nicht aufschieben.
MIT HILFE DER REGIERUNG UND ANDERER ORGANISATIONEN ERFOLGREICH GEGEN "MÖCHTEGERN-MEDIZINER"
Dieses Jahr hat uns nochmals sehr deutlich gezeigt, wie unzureichend die Qualifikation und Erfahrung vieler Ärzte und Pflegekräfte ist! In einem Krankenhaus mussten wir feststellen, dass keiner von drei anwesenden Ärzten wusste, wie man eine Fehlstellung eines gebrochenen Beinknochens reponiert! In einem anderen Krankenhaus waren einem Arzt die Symptome des Typhus nicht bekannt und ein anderer konnte keine Traumauntersuchung nach einem Verkehrsunfall durchführen. Ein weiterer wusste nicht wie man einen Schlaganfall Patienten erstversorgt. Zum Teil sind das sicherlich Wissenslücken, wenn auch sehr große, die man ergänzen kann, zum anderen sind viele Diplome aber auch einfach Fälschungen, was erklärt warum mancher „Arzt“ einfach gar keine Ahnung von Medizin hat. Diese Dokumente sind in Uganda zu einfach zu beschaffen und weisen eine erstaunlich gute Qualität auf. Solche Scheinmediziner muss man konsequent aus dem System entfernen. Nach Durchsicht unserer Erfahrungsberichte mit Professoren des Gesundheitsministeriums von Uganda sind wir gemeinschaftlich zu den Schluss gekommen, dass wir aktuell von etwa 30 % Fälschungen oder sogar mehr ausgehen müssen. Hier besteht aktuell Handlungsbedarf um die Bevölkerung vor selbst ernannten „Möchtegern-Medizinern“ zu schützen. In vielen Meetings mit Regierungsvertretern, Medizindozenten der Universitäten, Vertretern des Gesundheitsministeriums und der Crime Investigation Unit der Uganda Police haben wir ein Prüfungssystem für, im Gesundheitswesen tätige Personen entwickelt. Eine gesonderte und unabhängige Abteilung des Gesundheitsministeriums, die neue Abteilung Qualitätsmanagement, ist von der Regierung mit der Durchführung dieser Kontrollen beauftragt worden. Einen so großen Schritt gegen Korruption und Urkundenfälschung hat es nie zuvor in Uganda gegeben.
Wir haben eine Zwei-Phasen-Prüfung erarbeitet! Zur Überprüfung der Diplome haben wir mit Computerspezialisten, eine neue Software mit Mobile App für die Qualitätsmanager des Gesundheitsministeriums entwickelt, mit der nun landesweit alle Daten, Qualifikationen und Diplome einer Person erfasst und den Ministeriumsmitarbeitern zugänglich gemacht werden. Im zweiten Schritt werden von sehr erfahrenen Medizinern und Dozenten praktische Fähigkeiten der der Ärzte und Pfleger in einer Art praktischer Prüfung überprüft. Dokumente kann man fälschen, Fähigkeiten und Knowhow aber nicht. Wir sehen in diesem Projekt einen Meilenstein in der Entwicklung des Ugandischen Gesundheitswesens. Die gesamte Projektierung, Entwicklung und Umsetzung wurde von Kilimanjaro Doctors durchgeführt und komplett bezahlt.
FORTSCHRITTE 2019 UND AUSBLICK 2020/2021
Auch dieses Jahr stellt Kilimanjaro Doctors Notarzt Service und Ambulanzdienst über die Weihnachtsfeiertage rund um die Uhr bereit. Alle anderen Dienste bleiben geschlossen.
In diesem Jahr gab es deutlich weniger direkt von uns behandelte Patienten, aber umso mehr aufgedeckte Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen!
Auch bei der Entwicklung unserer Logistik konnten wir in diesem Jahr gute Fortschritte verzeichnen.
Unser Medikamenten Notdienst arbeitet sehr erfolgreich und ist eines unser Hauptbetätigungsfelder. Wir hoffen dieses im kommenden Jahr noch mit einem weiteren Fahrzeug unterstützen zu können, da wir noch weit von der Abdeckung des Bedarfs entfernt sind. Eine Ausweitung wird aber durch unser Budget begrenzt.
Das mit Unterstützung der Firma Wittkowski Funktechnik erstellte Funknetz werden wir im kommenden Jahr weiterentwickeln und ausbauen. Da die Funk Kommunikation gegenüber der Telefon Kommunikation einen deutlichen Zeitvorteil bringt.
Nach wie vor beschäftigt uns das Thema „Sicherheit“. Zum Jahreswechsel werden wir nun alle Fahrzeuge mit live Innen- und Außenkameras ausstatten und mit aktiven GPS tracken. Zwar haben noch nicht alle Fahrzeuge einen Betäubungsmittel Safe, aber alle haben nach dem zweiten Angriff auf eines unserer Fahrzeuge einen Taeser mit an Bord. Eine zentrale Fernabschaltung, für die Fahrzeugmotoren bei Diebstahl ist in Vorbereitung. Die Stationen erhalten nach weiteren Diebstählen und versuchten Diebstählen, nun bessere Nachtsichtkameras und größere Überwachungsmonitore. Unser Lichtsystem mit Bewegungsmelder gesteuerten LED Scheinwerfern wird ausgebaut und durch zwei Schäferhunde ergänzt. Unsere Security erhält Nachtsichtgeräte und Infarotzielfernrohre auf den Schusswaffen.
Wir hoffen im kommenden Jahr auf beiden Stationen einen Ultraschallscanner und ein Röntgengerät in Betrieb nehmen zu können.
Die Station Kamwenge darf sich über unser erstes Feuerwehrtanklöschfahrzeug mit Tragkraftspritzenanhänger freuen. Es handelt sich in 80km Umkreis um das einzige betriebsfähige Löschfahrzeug! Das Fahrzeug ist ein Gebrauchtfahrzeug aus Deutschland, was wir jedoch mit modernster Feuerlöschtechnik und technischem Hilfsgerät bestückt haben. Zu einer hauptamtlichen Kraft, werden wir zum Betrieb der Feuerwehr dort zunächst sechs freiwillige Kameraden anlernen. In folgenden Jahr 2021 sollen weitere „Fire and Rescue“-Stationen dazu kommen.
Es zeigt sich mehr und mehr, dass wir die anfallenden Aufgaben kaum noch eigenständig bewerkstelligen können. Daher hoffen wir, im neuen Jahr einige qualifizierte und aktive Mitstreiter zu finden.